Wer das Tiefste gedacht, liebt das Lebendigste.

Schön, oder?
Ich liebe dieses Hölderlin Gedicht!
Und auch hier finde ich wieder Unerwartetes:
Hättest Du nicht auch eher vermutet, dass der/diejenige, die das Tiefste gedacht haben, sich in stille Meditation versenken und am liebsten nicht gestört werden wollen?
Und gerade diese lieben das Lebendigste, das Junge, das Ungestüme, Wilde?
Warum?

Vielleicht, weil sie hier die Quelle der beweglichen Veränderung finden: die Bereitschaft, streitbar das Seine zu verteidigen und sich zugleich von Anderem überzeugen und vor allem: begeistern zu lassen.
Vielleicht auch, weil das Tiefste zu denken oft ein ganzes Leben in Anspruch nimmt, immer wieder, unermüdlich, und dann, am Ende des Lebens, die Liebe zu denjenigen, in denen das Leben weitergeht, so stark und schön spürbar wird.
Vielleicht auch, weil sie in der Tiefe das fanden, was der Wahrheit am nächsten kommt:
Das sich selbst wollende und bejahende Leben (womit wir schon schon beim nächsten Denker wären… Nietzsche abgelauscht), das in sich werdende Veränderung ist.

Das Gedicht heißt: ‚Sokrates und Alkibiades‘. Und so geht es zu Ende:

Wer das Tiefste gedacht, liebt das Lebendigste,
Hohe Jugend versteht, wer in die Welt geblickt,
Und es neigen die Weisen
Oft am Ende zu Schönem sich.