Wo bist Du?
Wie kann ich Dich noch fühlen?
Diese merkwürdige Frage nach dem „Wo“ ist eine Eigentümlichkeit der Trauer.
Im gelebten Miteinander erscheint mit dem anderen Menschen zugleich ein DA, ein eigener Ort, den dieser eine Mensch einnimmt. Stirbt dieser Mensch, so schließt sich auch der Ort mit ihm, und er ist uns ganz und gar entzogen.
So mag einer sagen, es bliebe doch so viel: Erinnerungen, Empfindungen, Augenblicke, die sich eingebrannt haben in ein tiefes Gedächtnis – all das mag stimmen. Und doch: das DA des anderen, das ich erreichen kann und mit dem ich auf ganz eigene Weise meines eigenen Daseins versichert werde, ist nun verschlossen. Es ist, als könne ein Teil meiner selbst nicht mehr dorthin, wo gestern noch mein Du war.
So selbstverständlich schien die geteilte Gegenwart, die fühlbare Präsenz, so unhintergehbar da.
Nun ist sie aufgehoben, nicht mehr hier, und ich greife ins Leere.
Es macht mich fassungslos, immer wieder aufs Neue.
Zwischen mich und die Welt ist ein dunkler Schatten gefallen, der nun in meinem Innersten alles Licht verschluckt.
Ganz langsam versuche ich, zurückzufinden von jenem Ort zu mir. Schritt für Schritt taste ich mich voran, um wieder bei mir selbst anzukommen.
Wie mag das gelingen, ICH zu sein ohne DICH?